F-Gase-Verordnung: Das gilt künftig für Kälteanlagen - dhz.net (2024)

Die neue F-Gase-Verordnung der EU sieht Einschränkungen für viele Klima- und Kälteanlagen vor. Vielen von ihnen steht ein Austausch bevor, da sie mit klimaschädlichen Kältemitteln laufen. Stufenweise greift zugleich ein Verbot für die Wartung und Instandhaltung mit F-Gasen.

Von Jana Tashina Wörrle

Die Trilogverhandlungen zur sogenannten F-Gase-Verordnung sind abgeschlossen. Europäisches Parlament und Rat haben sich Anfang Oktober mit der EU-Kommission auf Vorgaben geeinigt, um die Verwendung von fluorierten Gasen schrittweise zu reduzieren. Die neuen Vorschriften müssen noch von den Ländern und dem Parlament gebilligt werden, bevor sie im Amtsblatt der EU veröffentlicht werden und in Kraft treten können. Dies gilt jedoch als gesichert. Mit inbegriffen sind in der Verordnung außerdem auch neue Vorschriften für ozonabbauende Substanzen. Die Verordnung bringt Vorgaben für die Wirtschaft mit sich, die unmittelbar auch in Deutschland gelten.

Fluorierte Gase machen nach Angaben der EU-Kommission etwa 2,5 Prozent der Treibhausgasemissionen der EU aus. Sie werden unter anderem in Wärmepumpen, Brandschutzmitteln, Schaumstoffen und besonders häufig auch in Kältemitteln verwendet. Dabei spielen vor allem die teilhalogenierten Fluorkohlenwasserstoffe (HFKW) eine Rolle. Sie sind die am häufigsten verwendeten F-Gase, rund 90 Prozent der F-Gas-Emissionen entfallen auf sie. Die EU-Kommission gibt als Ziele vor, dass die HFKW bis 2030 gegenüber 2015 um 95 Prozent reduziert werden. Bis 2050 sollen sie auf Null sinken sollen. Diese Vorgaben sind auch in der neuen F-Gase-Verordnung enthalten. Nach Angaben der Brüsseler Behörde können die neuen Regelungen künftig weitere Emissionen in Höhe von fast 500 Millionen Tonnen bis 2050 verhindern.

F-Gase-Verordnung: Ältere Kälteanlagen brauchen Ersatz

Bis 2050 sollen demnach möglichst keine der als klimaschädlich eingestuften Gase mehr verbraucht werden. Bis 2036 soll ihr Einsatz bis auf ein Minimum sinken. Die ersten Schritte dazu starten ab 2025. Sie betreffen vorrangig Kühl- und Kälteanlagen bzw. die darin eingesetzten Kältemittel. Vielfach haben sie als Basis noch F-Gase. Je nach Anlagengröße geht es in den kommenden Jahren nun darum, dass man die kompletten Anlagen ersetzen muss. Ein Austausch der Kältemittel ist meist nicht möglich.

Neue Anlagen dürfen nach den Vorgaben der Verordnung künftig nur noch dann mit fluorierten Gasen laufen, wenn es für die eingesetzten F-Gase keine Alternativen gibt. Bei Kälteanlagen sind Alternativen vorhanden – zumindest für Neuanlagen. "Die neuen Beschränkungen werden zwischen 2025 und 2035 greifen, je nachdem, wie weit die Umstellung auf klimafreundliche Lösungen für die einzelnen Gerätetypen fortgeschritten ist", schreibt die EU-Kommission zum zeitlichen Rahmen, in dem die Verordnung sich dann in der Praxis zeigt.

Diese Vorgaben sind klar, verständlich und für die große Anzahl derjenigen, die Kälteanlagen nutzen angesichts des Klimawandels wohl auch nachvollziehbar. Wer nach dem Inkrafttreten der Verordnung in eine neue Kälteanlage investiert, setzt damit direkt auf klimafreundlichere Kältemittel wie CO2, Ammoniak oder auch Luft oder Wasser zur Kühlung. Wer allerdings eine Anlage betreibt, die im Prinzip noch eine lange Lebensdauer hat, könnte nun nach Ansicht des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH) unter Druck geraten.

F-Gase-Verordnung: Reparatur und Wartung der Kälteanlagen wird komplizierter

Denn auch wenn in den kommenden Jahren keine grundsätzliche Austauschpflicht für Bestandsanlagen ansteht, sorgen Regelungen bezüglich der Instandhaltung und Wartung mit F-Gasen laut ZDH möglicherweise dafür, dass Betriebe, die Kälteanlagen nutzen, vorzeitig in neue Technik investieren müssen. Kälteanlagen sind auch im Handwerk in vielen Bereichen im Einsatz – beispielsweise im Lebensmittelhandwerk wie bei Fleischern oder Bäckern.

Außerdem sind sowohl Betriebe des Kälteanlagenbaus als auch des SHK-Handwerks mit der Reparatur und Wartung der Anlagen beschäftigt. Sie müssen sich darauf einstellen, dass dies künftig komplizierter wird und dass man eventuell einige Anlagen nicht weiter betreiben darf, weil man sie nicht mehr mit F-Gasen instandhalten und warten darf. Stattdessen steht dann die Installation einer neuen Anlage an.

F-Gase-Verordnung: Zeitplan für das Reparatur- und Wartungsverbot

Dabei gilt folgender Zeitplan in der neuen F-Gase-Verordnung, der eine Abstufung vorsieht je nachdem wie klimaschädlich das betreffende F-Gas eingestuft ist. Die Einstufung erfolgt über den sogenannten GWP-Wert. GWP ist die Abkürzung für "Global Warming Potential" und steht also für das Treibhauspotenzial einer Substanz:

  • Ab dem Inkrafttreten der Verordnung gilt für große stationäre Kälteanlagen mit einem Äquivalent von 40 Tonnen CO2 ein Wartungs- und Instandsetzungsverbot für Kältemittel mit einem GWP über 2500.
  • Ab 2025 gilt das Verbot auch für kleinere stationäre Kälteanlagen.
  • Ab 2032 gilt ein Service- und Wartungsverbot für alle stationären Kälteanlagen mit einem GWP über 750.

Verlängert bzw. außer Kraft setzen kann man diese Fristen dann, wenn man die betreffenden Anlagen statt mit ihren eigentlichen Kältemitteln mit aufbereiteten und rezyklierten F-Gasen befüllt. Doch das wird nach Angaben des ZDH am grundsätzlichen Problem, dass viele Anlagen ausgetauscht werden müssen, obwohl sie eigentlich nicht kaputt sind, nichts ändern. Der Verband geht davon aus, dass dadurch eine Herausforderung auf einige Handwerksbetriebe zukommt. Sie haben oftmals einen längeren Betrieb ihrer Kälteanlagen einkalkuliert. Der Marktanteil von Herstellern aufbereiteter F-Gase sei gering. Der ZDH rechnet auch nicht damit, dass es künftig weitere Anbieter geben wird, denn der gesamte Markt um die F-Gase soll ja nach Vorgaben der Verordnung zurückgehen.

Zwar hat die EU-Politik in der letzten Fassung der F-Gas-Verordnung nun Überprüfungsmechanismen im Hinblick auf die Verfügbarkeit der rezyklierten F-Gase vorgesehen. So sollen sie nur dann eingesetzt werden müssen als Alternative, wenn sie denn wirklich verfügbar sind. Wie und ob dies dann in der Praxis Folgen hat, muss sich laut ZDH zeigen.

F-Gase-Verordnung trifft Kältetechniker und weitere Gewerke

Die Branche der Kältetechniker steht vor einem Wandel, der schneller verlaufen wird als befürchtet. Das schrittweise Verbot klimaschädlicher Kältemittel bis 2050 will die EU mit einer Novelle der F-Gase-Verordnung weiter beschleunigen. Im Verband Deutscher Kälte-Klima-­Fachbetriebe (VDKF) hatte man auf eine Entschärfung des Entwurfs der Novelle gehofft. Das Gegenteil ist eingetreten.

Für Service- und Wartungsarbeiten an Bestandsanlagen wurde der zulässige GWP-Wert drastisch gesenkt. Demnach dürfen vom Jahr 2032 an nur noch Kältemittel mit einem GWP-Wert von bis zu 750 verwendet werden. Im ursprünglichen Entwurf war noch von einem GWP-Wert von 2.500 die Rede. Hinter dem GWP-Wert verbirgt sich das Erderwärmungspotenzial eines Stoffs im Vergleich zu CO2.

Betroffen sind neben Kältetechnikern vor allem Bäcker und Fleischer. Viele Kälteanlagen im Lebensmittelhandwerk werden mit dem Kältemittel R404A (GWP-Wert 3.943) betrieben, deren Laufzeit weit über das Jahr 2032 hinausreichen würde. Heribert Baumeister befürchtet daher, dass auf die Betreiber hohe Investitionen zukommen, wenn Anlagen vorzeitig außer Betrieb genommen werden müssen. "Das widerspricht jeglichem Nachhaltigkeitsgedanken", schimpft der Bundesinnungsmeister des Kälteanlagenbauerhandwerks, der seine Branche vor großen Herausforderungen sieht.

Denn der Einsatz von natürlichen Kältemitteln wie Propan, Ammoniak oder Kohlendioxid (CO2) als Ersatz für die F-Gase erfordert ein spezielles Knowhow, das in vielen Betrieben noch nicht vorhanden ist. "Diese Kältemittel sind entweder brennbar, toxisch oder es müssen sehr hohe Drücke beherrscht werden. Aber die Schulungskapazitäten sind begrenzt", sagt Markus Freund. Er ist Obermeister der Innung Hessen-Thüringen/Baden-Württemberg, in deren Trägerschaft sich mit der Bundesfachschule die größte Bildungseinrichtung der Kälte- und Klimabranche befindet.

Das Ziel der F-Gase-Verordnung, aus Gründen des Klimaschutzes die Treibhausgase als Kältemittel zu verbannen, wird vom VDKF prinzipiell unterstützt. Allerdings hätten sich die Branchenvertreter mehr Zeit für den Wandel gewünscht. "Die schnelle Verknappung der Kältemittelmengen sehen wir sehr kritisch. Das wird zu Engpässen vor allem bei Service und Wartung von Bestandsanlagen führen. Und es kann den illegalen Kältemittelhandel befördern", prognostiziert VDKF-Präsident Karl-Heinz Thielmann.ste

F-Gase-Verordnung: Das gilt künftig für Kälteanlagen - dhz.net (2024)
Top Articles
Latest Posts
Article information

Author: Prof. An Powlowski

Last Updated:

Views: 5953

Rating: 4.3 / 5 (44 voted)

Reviews: 91% of readers found this page helpful

Author information

Name: Prof. An Powlowski

Birthday: 1992-09-29

Address: Apt. 994 8891 Orval Hill, Brittnyburgh, AZ 41023-0398

Phone: +26417467956738

Job: District Marketing Strategist

Hobby: Embroidery, Bodybuilding, Motor sports, Amateur radio, Wood carving, Whittling, Air sports

Introduction: My name is Prof. An Powlowski, I am a charming, helpful, attractive, good, graceful, thoughtful, vast person who loves writing and wants to share my knowledge and understanding with you.